Sonntag, 26. November 2023

Die Weltmeere in einer Hand

Thema: Weltmeere und Kugeloberfläche

Dieser Beitrag ist am 05.12.2023 auch im Standard erschienen.

Eine Frage, die ich meinen Schulklassen gerne stelle, ist, wie groß ein Gefäß sein müsste, mit dem das ganze Wasser auf einem Globus gefasst werden kann. Das Gemeine an der Sache ist, dass wir im Allgemeinen zwar ganz gut darin sind, Längen zu schätzen und auch mit Flächen einigermaßen zurechtkommen, doch bei einem Volumina tun wir uns im Allgemeinen eher schwer. Neben der Umwandlung verschiedener Raummaße kommt hier unter Umständen auch noch hinzu, dass wir von einer falschen Vorstellung des Sachverhalts ausgehen.

Um das Ganze zu veranschaulichen, stelle ich zunächst ein paar Gläser in unterschiedlicher Größe neben einen einfachen Schulglobus und lasse dann das Publikum kurz überlegen:


Welches Gefäß wäre groß genug für das Wasser auf einem Globus? (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Viele Leute unterliegen hier möglicherweise einem Trugschluss, weil es so wirkt, als ob das Wasser einen verhätnismäßig großen Anteil an unserem Heimatplaneten hat, und tendieren deshalb eher zu den größeren Gefäßen. Es stimmt zwar, dass ein Großteil der Erde mit Wasser bedeckt ist, aber das bedeutet noch nicht automatisch, dass sie auch großteils aus Wasser besteht. Wir müssen nämlich beachten, dass selbst die tiefsten Stellen der Ozeane im Vergleich zum Erddurchmesser verschwindend klein sind. In anderen Worten: Die Weltmeere wären auf einem Globus nicht viel mehr als ein dünner Wasserfilm.

Wir werden nun mit ein wenig Schulmathematik aus der Unterstufe zeigen, dass das Gefäß bei weitem nicht so groß sein muss wie zum Beispiel die Blumenvase ganz rechts (je nach Ausstattung verwende ich stattdessen auch Karaffen). Dafür brauchen wir folgende Maße:

  • Durchmesser/Radius der Erde: ~ 12 742 km bzw. 6 371 km

  • Durchmesser/Radius des Globus: 30 cm bzw. 15 cm

  • Formel für die Kugeloberfläche (da die Erde annähernd kugelförmig ist): O = d²π = 4r²π

  • durchschnittliche Meerestiefe: ~ 3,8 km

Die Oberfläche der Erde beträgt in Wirklichkeit ungefähr 510 Millionen Quadratkilometer, was wir mit der Formel selbst nachrechnen können. Für den Globus kommen wir mit derselben Vorgehensweise auf ungefähr 2 827 Quadratzentimeter. Da allerdings nicht die gesamt Erdoberfläche mit Wasser bedeckt ist, sondern nur ungefähr 71 Prozent, multiplizieren wir das Ergebnis noch mit dem entsprechenden Faktor, um die gesuchte Menge zu erhalten:

2 827 cm² ⋅ 0,71 ≈ 2007 cm²

Im nächsten Schritt stellen wir eine Verhältnisgleichung auf, um die durchschnittliche Meerestiefe ebenfalls auf die Größenordnung des Globus hinunterzuskalieren:

30 cm : 12 472 km = x cm : 3,8 km
12 742x = 114
x = 0,0091404746632 cm

Zum Schluss tun wir so, als ob das Meer überall gleich tief ist und multiplizieren die mit Wasser bedeckte Oberfläche mit dem ermittelten Wert für die Meerestiefe, um das ungefähre Wasservolumen auf dem Globus zu ermitteln:

 2 007 ⋅ 0,0091404746632 18 cm³

Die Ozeane auf dem Globus würden also nicht einmal 20 Milliliter (= 2 Zentiliter) entsprechen und passen somit in ein einfaches Stamperl hinein. Das Tolle an Veranschaulichungen wie dieser ist, dass man damit in allen Klassen der Unterstufe bei unterschiedlichen Stoffgebieten des Mathematikunterrichts anknüpfen kann, wie zum Beispiel "Maßeinheiten" in der fünften, "Prozentrechnung" in der sechsten, "Verhältnisse und Proportionen" in der siebten oder "Kugelgeometrie" in der achten Schulstufe.

Johannes C. Huber (zieht sich auch bei derartig harmlosen Experimenten gerne einen Labormantel an)

PS: Auf ähnliche Art und Weise kann auch der Anteil des Süßwassers auf der Erde veranschaulicht werden. Ein zehn Liter-Kübel entspricht dabei dem Salzwasser, eine Eiswürfelform dem gefrorenen Süßwasser, ein kleines Trinkglas dem Grundwasser und ein Löffel den Steh- und Fließgewässern.