Montag, 25. April 2022

A Herz hat a jeder Mensch

Thema: Kartenspiele und Kombinatorik

Ich spiele seit ungefähr einem halben Jahr hin und wieder das Kartenspiel "Doppelkopf". Bei unserer Variante des Spiels verwenden wir insgesamt vierzig Karten, und zwar fünf verschiedene (Bube, Dame, König, Zehn und Ass) von jeder Farbe (Herz, Pik, Karo und Kreuz) jeweils zweimal. Trumpfkarten sind alle Buben und Damen, sowie alle Karo-Karten und die Herz Zehner. Fehlfarbe bedeutet, dass die entsprechenden Karten keine Trümpfe und daher vergleichsweise schwach sind. Bei Herz gibt es also nur vier Karten der Fehlfarben: die beiden Asse und die beiden Könige. Wie hoch ist nun die Wahrscheinlichkeit, dass jede Person in der Runde genau eine dieser vier Herzkarten auf der Hand hat und ein Fehlfarbenstich mit Herz durchgeht?

beispielhafte Aufteilung der Handkarten für vier Personen, bei der jede Person
eine der vier Herzkarten der Fehlfarben auf der Hand hat (Bildquelle: Random.org)

Eine unkomplizierte Möglichkeit um das zu modellieren ist eine Kette von Multiplikationen aufzustellen. Das Austeilen der Karten ist nämlich wie eine Ziehung ohne Zurücklegen bzw. Wiederholung. Wir gehen zunächst einmal der Einfachheit halber davon aus, dass die erste Person zuallererst eine Herzkarte der Fehlfarben zieht und danach neun weitere der anderen 36 Karten:


Der Nenner wird mit jedem Zug um eins kleiner, da die Anzahl der Karten im Stapel immer weiter abnimmt. Dasselbe überlegen wir uns auch für die drei anderen Personen:

Nun müssen wir allerdings noch berücksichtigen, dass die Herzkarte genauso gut in jedem anderen der jeweils zehn Züge gezogen werden kann. Da die Herzkarte also auf zehn verschiedene Arten in der Hand der jeweiligen Person landen kann, multiplizieren wir jede Wahrscheinlichkeit mit 10:




Wenn wir diese Wahrscheinlichkeiten miteinander verketten erhalten wir als Ergebnis ungefähr 11 % oder in anderen Worten: Ein bisschen häufiger als jedes zehnte Spiel. Für diejenigen, die Formeln bevorzugen: Wir kommen auf dieselbe Wahrscheinlichkeit, wenn wir mit Binomialkoeffizienten arbeiten. Es gibt 40 über 10 Möglichkeiten für die erste Person zehn Karten zu ziehen, 30 über 10 für die zweite, 20 über 10 für die dritte und 10 über 10 für die vierte:

Davon darf jeweils nur eine der gezogenen Karten eine Herzkarte sein, also 4 über 1 Möglichkeiten für die erste Person, 3 über 1 für die zweite, 2 über 1 für die dritte und 1 über 1 für die letzte (die auf jeden Fall die verbleibende Herzkarte zieht):

Die restlichen neun Karten dürfen jeweils aus den verbleibenden Karten gezogen werden, die keine Herzkarten der Fehlfarben sind:

Dabei handelt es sich um folgende Formel des Urnenmodells aus der Kombinatorik, mit der man beim Ziehen ohne Zurücklegen die Wahrscheinlichkeit für eine bestimmte Anzahl von Kugeln einer Farbe ermitteln kann, wobei die mittlere Variante zum Einsatz kam:

Unser n ist in diesem Fall 10, weil jede Person zehn Karten zieht und unser \(k\) ist 1, weil eine davon eine der vier Herzkarten der Fehlfarben sein soll. Für die erste Person stehen \(N\) = 40 Karten zur Auswahl, unter denen sich zu Beginn noch \(M\) = 4 Herzkarten der Fehlfarben befinden. Für die zweite verbleiben \(N\) = 30 Karten mit nur noch \(M\) = 3 Herzkarten der Fehlfarben und so weiter:




Nun aber zu einem praxisrelevanten Aspekt: Mit welcher Wahrscheinlichkeit gelingt mir der Fehlfarbenstich, wenn ich ausspielen darf? An dieser Stelle muss erwähnt werden, dass bei Doppelkopf Farbzwang herrscht, d. h. die Fehlfarbe Herz muss, wenn möglich, auch bedient werden. Unsere Frage lautet also in anderen Worten: Mit welcher Wahrscheinlichkeit habe ich ein Herz-Ass und die anderen drei Personen jeweils genau eine Herzkarte der Fehlfarben?

Die Antwort auf die Frage ist schnell gefunden, wenn wir uns überlegen, wie viele verschiedene Fälle eintreten können. Es gibt insgesamt 4! = 24 Möglichkeiten die vier Karten anzuordnen. Allerdings sind jeweils zwei davon nicht paarweise unterscheidbar, also müssen wir noch zweimal durch 2! = 2 dividieren und kommen auf 6 mögliche Fälle:

  • Ass-Ass-König-König
  • Ass-König-Ass-König
  • Ass-König-König-Ass
  • König-Ass-Ass-König
  • König-Ass-König-Ass
  • König-König-Ass-Ass

Die günstigen Fälle entsprechen genau der Hälfte, was intuitiv auch klar sein sollte, wenn wir bedenken, dass die erste Person in der Hälfte der Fälle eines der beiden Herz-Asse auf der Hand hat.. Wir müssen also nur die Wahrscheinlichkeit halbieren und kommen auf ungefähr 5,5 %. Hier wird allerdings nicht berücksichtigt, dass es viele Verteilungen der Karten gibt, die bestimmte Spielarten (z. B. Soli o. ä.) begünstigen und die Wahrscheinlichkeit noch beeinflussen können.

Johannes C. Huber (überlegt sich künftig zweimal, ob er den Herzstich riskiert)

An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön für wertvollen Input von Kai, Janis, Raphael und Clara!

Quellen: