Dienstag, 31. August 2021

Verlustmaximierung

Thema: Punktzahlen und Optimierung

Disclaimer: Es handelt sich bei diesem Beitrag nicht um Werbung.

Meine Familie spielt seit Jahren gerne Rummikub. Ich persönlich bin zwar recht gut, aber gegen meine Eltern ziehe ich trotzdem meist den Kürzeren. Nach einer besonders missglückten Partie habe ich mir eher scherzhaft die Frage gestellt, was wohl die höchstmögliche Punktzahl ist, die ich erzielen kann. Ich glaube nun tatsächlich eine Antwort darauf gefunden zu haben. Um nachvollziehen zu können, wie ich darauf gekommen bin, reicht es aus die Grundlagen zu verstehen.

Cover des Spiels mit den beiden Jokern (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Die Spielregeln 

Alle Beteiligten (2 bis 4 Personen) ziehen zu Beginn jeweils 14 Spielsteine und legen sie in ihren Aufsteller. Ziel des Spiels ist die eigenen Steine abzulegen. Das Ablegen von Spielsteinen ist, ähnlich wie beim Kartenspiel Rommé, nur in bestimmten Kombinationen aus drei oder mehr Steinen möglich. Es gibt dabei zwei Möglichkeiten: 

  • Gruppe: Steine mit derselben Zahl in drei oder vier verschiedenen Farben (z.B. "1" in schwarz, orange und blau)
  • Reihe: drei oder mehr aufeinanderfolgende Zahlen derselben Farbe (z.B. "1", "2" und "3" in rot)

Wer zuerst alle Steine ablegt, hat die Partie gewonnen und erhält den Wert der Summe nicht abgelegter Steine der anderen als Pluspunkte während alle anderen den Wert ihrer Steine als Minuspunkte aufschreiben. Sobald eine Person mit 30 Punkten ablegen kann, darf sie in der nächsten Runde regulär mitspielen und auch Steine zu anderen Gruppen oder Reihen dazu legen.

Wie lange wird gespielt? 

Es gibt insgesamt 106 Spielsteine mit den Zahlen von 1 bis 13 in acht Sets, und zwar jeweils zweimal in den Farben Schwarz, Rot, Orange und Blau sowie zwei Joker.

alle Spielsteine des Spiels (Bildquelle: Johannes C. Huber) 

Die Anzahl der möglichen Runden in einer Partie, wenn alle Beteiligten ständig nachziehen müssen, erhalten wir mit der Formel \(\frac{106}{p}-14\). Dabei steht \(p\) für die Anzahl der Personen: 

https://latex.univie.ac.at/?p%20=%202:%20\frac{106}{2}-14%20=%2053%20-%2014%20=%2039

https://latex.univie.ac.at/?p%20=%203:%20\frac{106}{3}-14%20=%2035,\dot{3}%20-%2014%20=%2021,\dot{3}

https://latex.univie.ac.at/?p%20=%204:%20\frac{106}{4}-14%20=%2026,5%20-%2014%20=%2012,5

Eine Partie zu zweit kann also höchstens 39 Runden dauern. Zu dritt höchstens 21 und zu viert nur 12. Bei der Version für fünf bis sechs Personen wird mit drei Sets jeder Farbe und daher insgesamt 160 Spielsteinen (156 reguläre und 4 Joker) gespielt. Die maximale Anzahl ganzer Runden ist dann 18 zu fünft und 12 zu sechst. Auch wenn es auf den ersten Blick so wirkt, als ob die gesuchte Höchstpunktzahl dann dieselbe ist, müssen wir berücksichtigen, dass wir dann auch mehr Steine zur Auswahl haben. Diesen Fall zu betrachten wäre sicherlich auch interessant. In diesem Beitrag beschäftige ich mich aber nur mit der Grundversion des Spiels für zwei bis vier Personen.

Die Rahmenbedingungen

Falls beliebig viele Partien gespielt werden können, gibt es natürlich keine obere Grenze für die Minuspunkte. Es könnte ja sein, dass jemand extrem viel Pech hat und ausnahmslos jedes Mal verliert. Da die Partien voneinander unabhängig sind, reicht es aus die Höchstpunktzahl für eine einzelne Partie zu bestimmen. Ich gehe dabei davon aus, dass man seine Steine ablegen muss, sobald es möglich ist. Abgesehen davon sind keine Hausregeln, wie z. B. eine 13 vor eine 1 zu legen, erlaubt.

Um herauszufinden, wie hoch die Anzahl der Minuspunkte in einer Partie werden kann, liegt es nahe sich ein Szenario zu überlegen, in dem man es gar nicht schafft überhaupt abzulegen. So nimmt einerseits die Anzahl der Steine und damit auch die Punktzahl immer weiter zu, da man jede Runde einen zusätzlichen ziehen muss. Andererseits wird dadurch unter Umständen sogar die maximale Anzahl an Steinen pro Person gezogen, falls alle Steine aus dem Pool in der Mitte gezogen wurden.

Meine Überlegungen

Die erste Aufgabe ist eine Kombination aus 14 Steinen zu finden, mit der es noch nicht möglich ist abzulegen. Aus Erfahrung weiß ich, dass eine solche häufig zustande kommt, wenn wir einfach nur zufällig Steine ziehen. Dann müssen wir in den darauffolgenden Runden nach Möglichkeit jene Steine ziehen, die es uns nicht erlauben abzulegen. Um die maximale Anzahl an Minuspunkten zu bekommen suchen wir also eine Konstellation, die zwei wichtige Eigenschaften erfüllt:

  • Man kann damit nicht ablegen. 
  • Die Anzahl an Punkten soll maximal werden.

Da ein Joker viele Punkte auf einmal bringt, bietet sich z. B. Folgendes an:

erste Überlegung für eine Startaufstellung (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Diese Konstellation ist ganze 141 Punkte wert und sieht für den Anfang schon einmal nicht schlecht aus. Sobald das Spiel losgeht, ist das allerdings ungünstig, weil wir in der nächsten Runde auf jeden Fall einen Stein ziehen, mit dem wir ein Tripel legen können. Die einzige Möglichkeit den Spielbeginn dann noch hinauszuzögern, ist Schadensbegrenzung. Wir dürften also nur Steine ziehen, die nicht dazu führen, dass die Summe der damit entstehenden Tripel den Wert 30 übersteigt. Das wären in diesem Fall zunächst einmal weitere 1er, weil diese nicht viele Punkte bringen.

Aber zahlt es sich überhaupt aus den Joker dabei zu haben? Der Schein trügt, denn die Punkte, die er bringt, können durch andere Steine fast vollständig wettgemacht werden:

zweite Überlegung für eine Startaufstellung (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Diese Konstellation ist immerhin 140 Punkte wert und wir können theoretisch noch zwölf Runden lang Steine ziehen ohne auch nur ein einziges 3er-Paket zu vervollständigen:

die meisten Punkte ohne vollständige Tripel (Bildquelle: Johannes C. Huber

Falls in der Zwischenzeit jemand fertig wird, hätten wir nun bereits stattliche 182 Minuspunkte gesammelt. Leider ziehen wir in der nächsten Runde auf jeden Fall einen Spielstein, der zumindest ein Tripel entstehen lässt. Wir können aber trotzdem weiterhin niedrige Steine erwischen, um zumindest möglichst lange nicht auf 30 Punkte zu kommen. Falls wir nun noch alle restlichen Zweier und alle bis auf einen 1er ziehen, würde die Gesamtpunktzahl auf 199 anwachsen und wir könnten trotz vier vollständigen Tripeln noch immer nicht ablegen, weil diese zusammen nur 28 Punkte wert sind.

 
die meisten Punkte ohne raus zu kommen (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Danach ziehen wir aber garantiert einen Stein, mit dem wir über 30 Punkte kommen und ablegen müssen. Selbst der verbleibende 1er würde dafür bereits ausreichen.

Wir könnten also insgesamt höchstens 23 Runden lang mitspielen ohne abzulegen und hätten dann immerhin 199 Minuspunkte vor uns liegen. 

Johannes C. Huber (hat bei Minuspunkten nun ein Ziel vor Augen)

Quellen: