Donnerstag, 15. Juni 2023

Wer ist eigentlich gerade bei den Kindern?

Thema: Gangaufsichten und Tabellenkalkulation

Ein wesentlicher Teil unserer Arbeit als Lehrkraft ist die Erfüllung der Aufsichtspflicht. Für die Einteilung von Aufsichten gibt es wahrscheinlich kein Patentrezept, aber sicherlich die ein oder andere Software. Ich zeige nun, wie wir diese Aufgabe an unserer Schule mithilfe von Tabellenkalkulation gelöst haben.

Zu Beginn möchte ich erwähnen, dass alle kurzen Pausen, die jeweils nur fünf Minuten dauern, von jenen Lehrkräften abgedeckt werden, die zum jeweiligen Zeitpunkt in den betroffenen Klassen unterrichten. Es geht also um die Einteilung der Frühaufsicht nach dem Einlass in das Schulgebäude und fünfzehn Minuten vor Unterrichtsbeginn sowie jene während der großen Pause um 10:40 Uhr, die bei uns ebenfalls fünfzehn Minuten dauert.

Selbstverständlich sollte die Aufteilung der Dienste möglichst fair sein, weshalb alle Beteiligten ungefähr im zeitlichen Ausmaß ihrer Beschäftigung zum Einsatz kommen sollten. Dafür holen wir uns zunächst einmal eine Auflistung aller Arbeitsstunden nach der jeweiligen Lehrverpflichtung und kopieren diese Informationen in eine Excel-Tabelle.

Dann bilden wir zwei Summen: Wir brauchen einerseits jene aller Arbeitsstunden und andererseits die Anzahl aller Gangaufsichten. Die erste erhalten wir mit dem Befehl “=SUMME()“. In die Klammern schreiben wir die Namen der Zellen, deren Einträge (das müssen Zahlenwerte sein) wir summieren möchten. Das ist in diesem Fall die Spalte mit den Arbeitsstunden. Wir können stattdessen auch den entsprechenden Bereich mit der Maus markieren. Hier ein einfaches Beispiel:

Der Doppelpunkt zwischen den beiden Zellen B1 und B3 funktioniert wie ein Bindestrich, um zu kennzeichnen, bis wohin gezählt wird. Im Schuljahr 2023/23 kommen beispielsweise alle Kolleginnen und Kollegen zu Schulbeginn gemeinsam auf 592 Stunden pro Woche.

Die Gesamtanzahl der Gangaufsichten ergibt sich wiederum wie folgt: Fünf Tage (Montag bis Freitag) mal vier Bereiche im Schulgebäude (2. und 3. Stock Altbau sowie Erdgeschoß und 1. Stock Neubau) mal zwei Aufsichten (Frühaufsicht und große Pausenaufsicht) mal jeweils zwei Personen pro Aufsicht. Das ergibt insgesamt 5 ⋅ 4 ⋅ 2 ⋅ 2 = 80 Aufsichten, die zu besetzen sind: 

Als Nächstes können wir eine Übersicht erstellen, um zu koordinieren, wer wie viele Aufsichten übernehmen soll. Wir brauchen dafür sechs Spalten mit folgenden Einträgen:

  • LK (Kürzel der Lehrkraft): Hängt von der Person ab und wird der Liste entnommen.
  • Std. (Lehrverpflichtung bzw. Arbeitsstunden pro Woche): Dabei handelt es sich um die Anzahl der Arbeitsstunden pro Woche, die wir ebenfalls der Liste entnehmen.
  • % Std. (Anteil der Lehrverpflichtung in Prozent): Diesen berechnen wir, indem wir die Anzahl der Unterrichtsstunden der jeweiligen Lehrkraft X durch die Summe aller Unterrichtsstunden Y dividieren (“=X/Y”) und das Ergebnis als Prozentsatz formatieren.
  • A (Anzahl der Aufsichten): In dieser Spalte steht zu Beginn in jeder Zelle der Wert 0 bzw. ist die Zelle leer. Dort wird später die jeweilige Anzahl der Gangaufsichten eingetragen, aber wie das automatisiert werden kann, erläutere ich weiter unten.
  • % A (Anteil der Aufsichten in Prozent): Diesen berechnen wir auf dieselbe Art, wie den Anteil der Lehrverpflichtung mit dem Unterschied, dass wir diesmal die beiden Zellen mit den Werten für die Aufsichten auswählen.
  • Δ (Abweichung): Damit ist die absolute Differenz zwischen den beiden Prozentwerten gemeint. Diese berechnen wir, indem wir "=ABS(X-Y)" in die Zelle schreiben, wobei es keine Rolle spielt, welcher der beiden Werte vom anderen abgezogen wird. Diese sagt uns, wie stark die Einteilung der Person von ihrem berechneten Ideal abweicht. Wir können diese Zellen zusätzlich so formatieren, dass sie in Abhängigkeit von der Größe der jeweiligen Abweichung die Farbe ändern, und zwar von grün für wenig über gelb für mittel bis rot für viel (für weitere Infos siehe bedingte Formatierung).

Hier ein kurzes Beispiel: Kollegin A hat eine fast volle Lehrverpflichtung mit 22 Stunden, was ungefähr 3,72 Prozent der gesamten Stunden entspricht. Kollege B hingegen hat eine Lehrverpflichtung mit 15 Stunden, was nur circa 2,53 Prozent der entspricht. Kollegin C wiederum hat eine volle Lehrverpflichtung mit 24 Stunden (ca. 4,05 Prozent).

Der entsprechende Anteil an den Gangaufsichten sollte nun ähnlich ausfallen. Für Kollegin A bieten sich drei Aufsichten an, weil 3/80 = 0,0375 = 3,75 %. Kollege B sollte zwei Aufsichten übernehmen, da 2/80 = 0,025 = 2,5 %. Der Anteil von Kollegin C ist nicht ideal, aber hier sind drei Aufsichten der beste Näherungswert.


Nun können wir damit anfangen, Leute in den Plan einzutragen, aber ständig mitzählen und  neue Zahlen eintippen wäre mühsam, also automatisieren wir das Ganze. Dazu schreiben wir den Befehl "=ZÄHLENWENN()" in die entsprechende Zelle. In die Klammern schreiben wir zuerst das, was gezählt werden soll und danach einen Strichpunkt, gefolgt vom Bereich, in dem gezählt werden soll. Ersteres ist in diesem Fall das Kürzel der jeweiligen Lehrkraft und letzteres die noch leeren Zellen im Plan:

Anstatt jedes Kürzel extra zu schreiben, markieren wir einfach die entsprechende Zelle. Die Dollarzeichen bei der Auswahl des Zählbereichs sorgen dafür, dass dieser gleich bleibt, auch wenn wir die Formel später in andere Zellen kopieren, indem wir auf den Punkt in der rechten unteren Ecke einer markierten Zelle klicken und mit der Maus weiterziehen:

Am Ende sollte die Summe aller Gangaufsichten in der Übersicht selbstverständlich gleich der Anzahl der zu besetzenden Dienste sein, aber wir sehen ohnehin, ob es Dienste, die noch nicht vergeben sind bzw. leere Zellen gibt:


Nun kommen wir zum schwierigen Teil, denn das eigentliche Problem bei der ganzen Sache ist nicht etwa die faire Verteilung. Abgesehen davon müssen wir nämlich noch überprüfen, ob die betroffene Person zu der jeweiligen Zeit auch Dienst hat, sprich im Haus ist. Zusätzlich sollten wir berücksichtigen, in welchem Teil des Gebäudes sie zu diesem Zeitpunkt arbeitet und wo sie nach der Aufsicht als Nächstes hin muss. Dafür können wir den Stundenplan aller Lehrkräfte oder Klassen heranziehen.

Darüber hinaus gibt es noch ein paar weitere Dinge, die beachtet werden sollten. Falls eine Lehrkraft bereits den ganzen Vormittag durchgehend unterrichtet, sollte sie nicht auch noch eine Aufsicht übernehmen müssen. Und es wäre außerdem noch wünschenswert, dass die eingeteilten Lehrkräfte auch jene Kinder kennen, die sie beaufsichtigen sollen und umgekehrt. Zu guter Letzt gibt es wahrscheinlich noch den einen oder anderen Sonderwunsch und man sollte davon ausgehen, dass der Plan auch ein paar Mal überarbeitet werden muss, bis er wirklich für alle Beteiligten passt.

Alles klar? Falls ja, dann viel Vergnügen und gutes Gelingen! Falls nein, wird schon schiefgehen. Hier eine kurze Übersicht der Kriterien für einen guten Aufsichtsplan:

  • Verständlichkeit: Ein einfaches Layout sollte eine gute Lesbarkeit ermöglichen.
  • Fairness: Die Anzahl der Aufsichten sollte sich an der Anzahl der Arbeitsstunden gemäß der Lehrverpflichtung orientieren.
  • Einhaltung der Dienstzeiten: Niemand darf außerhalb seiner Arbeitszeiten für eine Aufsicht eingeteilt werden.
  • keine Doppelbesetzungen: Eine Lehrkraft kann nicht an zwei Orten gleichzeitig sein.
  • sinnvolle Übergangszeiten: Niemand möchte nach einer Aufsicht irgendwo hin hetzen müssen, weil sie an einem ganz anderen Ort als die nächste Unterrichtsstunde stattfindet.
  • ausreichend Schonzeiten: Es ist nicht in Ordnung eine Lehrkraft, die an einem Tag bereits sechs Stunden durchgehend unterrichtet, zusätzlich vor dem Unterricht oder während der großen Pause für eine Aufsicht einzuteilen.
  • sinnvolle Einteilung: Lehrkräfte sollten, nach Möglichkeit, auch in den betroffenen Klassen unterrichten, die sie beaufsichtigen.

Johannes C. Huber (musste schon einige Permutationen vornehmen bis alle zufrieden waren)