Dienstag, 29. Juni 2021

Nur mit dem richtigen Dreh

Thema: Tennisschläger und Zufallsexperimente

Bei einem Tennismatch muss eine Seite den ersten Aufschlag machen. Dabei gibt es viele verschiedene Möglichkeiten um zu entscheiden, wer beginnt. Eine davon ist einfach einen Schläger in die Luft zu werfen. Danach schauen wir auf welche Seite des Courts der Griff oder die Schlagfläche zeigt. Je nachdem welchen Teil des Schlägers wir als Spitze unseres Zeigers festlegen.

Welche Seite dran kommt ist dem Zufall überlassen, aber welche Art von Zufallsexperiment wird dabei eigentlich durchgeführt? In der Schule lernen wir, dass im Allgemeinen zwischen drei verschiedenen Arten unterschieden wird:

  • Würfe: z. B. Spielwürfel, Münze, Reißnagel, Marmeladebrot
  • Ziehungen: z. B. Kugeln in einer Urne, Lostrommel, Spielkarten, Strohhalme
  • Drehungen: z. B. Glücksrad, Roulettespiel, Twister-Scheibe, Flasche

Wie sieht es nun mit dem Tennisschläger aus? 

Intuitiv würden wir wahrscheinlich sagen, dass es sich bei der Vorgehensweise mit dem Tennisschläger ganz klar um einen Wurf handelt, da dieser ja offensichtlich geworfen wird. Wir unterscheiden dabei nur zwischen den beiden Seiten des Spielfelds und die Entscheidung könnte genauso gut mit einem Münzwurf getroffen werden.

Ich bin jedoch der Meinung, dass wir es auch als eine Art Drehung sehen können. Uns geht es zwar eigentlich nur darum in welche Hälfte des Spielfeldes der Schläger zeigt, aber beide Seiten des Courts haben ja denselben Anteil an der Gesamtfläche. 

 

Wir können uns vorstellen, dass der Schläger wie ein Drehpfeil auf einer Scheibe funktioniert und am Ende des Zufallsversuchs in eines von zwei gleich großen Kreissegmenten zeigt. Dazu müssen wir natürlich davon ausgehen, dass jede Richtung gleich wahrscheinlich ist.

Der Unterschied der beiden Zugänge ist, dass die Menge der möglichen Ergebnisse beim Wurf endlich ist (entweder die eine oder die andere Seite) und bei der Drehung überabzählbar unendlich (jede beliebige Richtung in der Ebene, die zu jeweils einer der beiden Seiten gehört). Wir arbeiten in beiden Fällen mit einer Laplace-Wahrscheinlichkeit und bei der Drehung zusätzlich mit einer geometrischen Wahrscheinlichkeit. Am Ende läuft es in beiden Fällen natürlich trotzdem auf dasselbe hinaus, nämlich eine 50:50-Chance. 

Würfeln ohne zu würfeln 

Diese Überlegung funktioniert übrigens auch in die andere Richtung. Stellen wir uns z. B. einen sechsseitigen Spielwürfel als Ziehung oder Drehung vor: 

Es ist also auch möglich eine Zahl zu würfeln, ohne einen Würfel zu werfen.

Johannes C. Huber (kennt Alternativen für den Fall, dass kein Würfel in der Nähe ist)