Thema: Spielkarten und Multiplikation
Viele Lehrpersonen beklagen, dass die Kinder in der Volksschule die Malreihen nicht mehr ausreichend üben. Uns fällt beispielsweise auf, dass manche von ihnen bei Schularbeiten immer noch mit den Fingern zählen. Leider kostet sie das in der Regel unverhältnismäßig viel Zeit, die ihnen dann bei der Bearbeitung anderer Aufgaben fehlt. Es ist also wichtig, dass wir einfache Multiplikationen ohne langes Nachdenken im Kopf lösen können, damit ausreichend Rechenleistung für schwierigere Probleme übrig bleibt.
Der griechische Mathematiker Euklid soll einst gesagt haben: "Es gibt keinen Königsweg zur Mathematik." und wollte damit zum Ausdruck bringen, dass wir gewisse Fähigkeiten nur durch ausreichend Übung erlangen können. Das gilt insbesondere für die Grundlagen, die wir in der Volksschule lernen und auf denen alles weitere fußt. Deshalb werden auch heute noch trotz Taschenrechnern, Tablets und seit geraumer Zeit auch KI die Malreihen auswendig gelernt.
Manchen Kindern macht das durchaus Spaß, aber andere empfinden es als Qual, weil sie sich so viele Zahlen merken müssen. Doch wie viele verschiedene Rechnungen sind eigentlich nötig, um das kleine Einmaleins zu beherrschen? Wie wir gleich sehen werden, geht die Antwort auf diese vermeintlich einfache Frage über den Stoff der Volksschule hinaus.
Eine Kollegin wollte zu Beginn des Schuljahres herausfinden, wie gut die Kinder aus ihrer ersten Klasse mit dem Multiplizieren zurechtkommen. Dafür hat sie entsprechende Rechnungen auf kleine Karteikarten geschrieben und jedem Kind dieselben gegeben, indem sie diese nacheinander aufgedeckt hat. Ich fand die Idee toll und wollte mir selbst solche Karten basteln. Zufälligerweise habe ich sogar ein Deck mit leeren Spielkarten zum selbst Gestalten herumliegen, das sich perfekt dafür eignet:
Der Vollständigkeit halber wollte ich ein Deck haben, in dem alle Multiplikationen des kleinen Einmaleins vorkommen. Dieses besteht aus insgesamt 10 · 10 = 100 Rechnungen, weil jede Zahl von eins bis zehn für ihre jeweilige Malreihe nochmal mit eins bis zehn multipliziert wird:
Wenn wir mit der Einserreihe beginnen, sind es zunächst einmal zehn unterschiedliche Rechnungen, aber eine Rechnung der Zweierreihe, und zwar 1 · 2, kommt bereits als 2 · 1 in der Einserreihe vor und kann deshalb weggelassen werden. Die beiden Rechnungen 1 · 3 und 2 · 3 der Dreierreihe kommen als 3 · 1 und 3 · 2 in der Einser- bzw. Zweierreihe vor und so weiter. Für die Berechnung der entsprechenden Anzahl bietet sich die Gaußsche Summenformel an: 1 + 2 + 3 + 4 + 5 + 6 + 7 + 8 + 9 + 10 = (1 + 10) + (2 + 9) + (3 + 8) + (4 + 7) + (5 + 6) = 5 · 11 = 55:
Kommutativität reduziert wir die Menge der Rechnungen im kleinen Einmaleins auf fast die Hälfte...
Wir haben aber noch nicht das Ende der Fahnenstange erreicht. Wenn wir uns stattdessen die Ergebnisse anschauen, fällt uns auf, dass viele Multiplikationen des kleinen Einmaleins auf dasselbe hinauslaufen:
...und Primfaktoren reduzieren sie noch weiter auf die Antwort nach dem Leben, dem Universum und allem.
In der zweiten Klasse lernen wir, dass die meisten Zahlen aus Primfaktoren zusammengesetzt sind. Falls wir uns also nur auf unterschiedliche Ergebnisse beschränken, bleiben noch 42 Multiplikationen:
Die wirklichen Multiplikationen des kleinen Einmaleins.
Ich habe mich im Endeffekt dafür entschieden, die Vorder- und Rückseiten der Karten mit den beiden Varianten der jeweiligen Multiplikation zu beschriften und dabei die Einserreihe wegzulassen, weil sie keine große Herausforderung darstellt. Da die Reihenfolge bei den zehn Quadratzahlen (1 · 1, 2 · 2, 3 · 3, etc.) ohnehin keinen Unterschied macht, habe ich sie jeweils in Zweierpaaren auf fünf Karten untergebracht, wodurch mir sogar ein paar Karten als Ersatz übrig geblieben sind.
Johannes C. Huber (freut sich darauf, die Karten in der Praxis zu testen)