Sonntag, 12. Januar 2025

Ein Tag mit mehr als 24 Stunden

Thema: Zeitzonen und Intervalle

Am 31. Dezember 2024 hat der Standard einen Artikel mit einer Weltkarte veröffentlicht, auf der zu sehen war, welche Staaten in Abhängigkeit von der jeweiligen Zeitzone bereits im neuen Kalenderjahr 2025 angekommen sind. Diese wurde laufend aktualisiert bis schlussendlich auch in den letzten verbleibenden Regionen die Mitternachtsgrenze überschritten wurde.

Im Zuge des Beitrags kam auch die Frage auf, wie lange man theoretisch Neujahr feiern kann. Nach einer kurzen Überlegung würde man wahrscheinlich vermuten, dass bis zu 24 Stunden möglich sind und die Begründung ist denkbar einfach: Wir warten den Jahreswechsel an einem Ort auf der Erde ab und reisen danach an einen anderen, an dem dieser noch nicht stattgefunden hat. Vorausgesetzt zu diesem Zeitpunkt sind noch Zeitzonen übrig, in denen der 31. Dezember noch nicht vorbei ist.

Aber noch ist das Ende der Fahnenstange nicht erreicht, denn obwohl wir womöglich davon ausgehen würden, dass das Zeitintervall auf der Erde ganz einfach 24 Stunden umfasst, gibt es eine kleine Besonderheit mit der sich sogar noch ein wenig mehr herausholen lässt. Dazu suchen wir jene Orte, deren Uhrzeiten sich am meisten voneinander unterscheiden. Da die internationale Datumgsrenze durch den pazifischen Ozean verläuft, werden wir dort fündig.

Wir betrachten zwei Extremfälle: Die Insel Kiritimati (UTC +14), welche ein Teil der Linieninseln ist, die zu Kiribati gehören und die Howlandinsel (UTC -12), die zu den Außengebieten der Vereinigten Staaten zählt. Zwischen den beiden Inseln liegen nur 2135 Kilometer (das entspricht in etwa fünf Prozent des Erdumfangs), während der Zeitunterschied aufgrund der Zeitzonen in Summe ganze 26 Stunden beträgt.

Wir können uns die Zeitzonen als Punkte auf einer Zahlengerade mit dem Nullpunkt UTC ±0 vorstellen. Die Länge des Intervalls bzw. der Zeitunterschied zwischen seinen beiden Enden ist die Summe ihrer Beträge, d. h. ihre Abstände zum Nullpunkt: |+14| + |-12| = 14 + 12 = 26. Um diese Überlegung besser nachvollziehen zu können, habe ich sie auch mit einer Tabelle veranschaulicht:

Übersicht der Uhrzeiten und Daten von UTC -12 bis +14 (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Wir können also z. B. 00:00 Uhr am ersten Jänner auf den Linieninseln mit der Uhrzeit auf der Howlandinsel vergleichen und sehen, dass mehr als ein Tag dazwischenliegt. Im Artikel wird zwar amerikanisch Samoa (UTC -11) statt der unbewohnten Howlandinsel als Vergleich herangezogen, aber jedenfalls richtigerweise erwähnt, dass es in der Theorie möglich ist, an ständig wechselnden Orten auf der Erde vom 31. Dezember vormittags bis 1. Jänner mittags durchgehend Silvester zu feiern.

Manche Menschen äußern hin und wieder den Wunsch nach einem Tag mit mehr Stunden, weil gefühlt zu wenig Zeit für verschiedene Dinge bleibt. Unabhängig von einer Neujahrsfeier habe ich mir nun ernsthaft die Frage gestellt, wie lange wir die Dauer eines Tages ausdehnen können, sprich: Wie viel Zeit können wir maximal im gleichen Datum verbringen?

Angenommen wir starten um 00:00 Uhr am frühestmöglichen Ort (Linieninseln) und reisen danach in Richtung Westen kontinuierlich dem Tagesbeginn hinterher. Wir ignorieren in diesem Fall den Umstand, dass die Zeitzonen nicht stetig sondern diskret sind und gehen davon aus, dass es bis zum bis zum letztmöglichen Ort (Howlandinsel) konstant 00:00 Uhr ist. Bis dahin sind bereits 26 Stunden vergangen. Nun bleiben wir einfach dort, bis der Tag vorbei ist und bekommen so noch einmal fast 24 Stunden dazu.

Dadurch wächst die Verweildauer auf insgesamt fast 50 Stunden an. Lässt sich diese Vorgehensweise beliebig oft wiederholen? In anderen Worten: Können wir im Extremfall zwei Jahre erleben, obwohl laut Datum nur ein Jahr vergangen ist? Uns dürfte recht schnell klar werden, dass das nicht funktioniert, weil wir zwar ein Datum mehr als doppelt so lange erleben können, aber danach nur drei Möglichkeiten für unsere weitere Vorgehensweise haben:

  1. Wir bleiben wo wir sind. In diesem Fall werden die Kalendertage ganz normal weitergezählt und es bleibt bei knapp 26 Stunden extra, d. h. wir könnten so theoretisch mehr als 366 (bzw. 367) Tage Zeit in einem Kalenderjahr mit 365 (bzw. 366) Tagen verbringen.
  2. Wir bewegen uns zurück Richtung Osten. Dadurch machen wir allerdings die bisherigen Schritte wieder rückgängig und landen früher im darauffolgenden Datum.
  3. Wir bewegen uns noch weiter Richtung Westen. Da es jedoch keinen zusätzlichen Spielraum mehr gibt, landen wir bereits im übernächsten Datum und haben somit eines übersprungen.
Zumindest in Bezug auf die Zeitdauer wären also ein 48 Stunden-Tag und in weiterer Folge eine acht Tage-Woche möglich. Genauso lässt sich auch ein Datum einfach überspringen. Die vergangene Zeit bleibt am Ende jedoch trotzdem gleich, d. h. echte Reisen in die Vergangenheit lassen sich damit nicht bewerkstelligen. Derartige Überlegungen eignen sich aber hervorragend dazu, das Hirn fit zu halten.

Johannes C. Huber (empfiehlt mehr Denksport als Neujahrsvorsatz)