Sonntag, 30. November 2025

Fruchtig, frisch, fragwürdig?

Thema: Orangensaft und Konsument:innenbildung

Ich habe im GWB-Unterricht für meine zweite Klasse vor Kurzem mit dem Thema (globale) Lieferketten begonnen. In diesem Zusammenhang haben wir uns mit der Reise von Orangen beschäftigt. Meine Kollegin, die mich in diesem Schuljahr als Assistenzlehrerin unterstützt, hat mich motiviert, eine Stunde dafür zu nutzen, die Kinder verschiedene Säfte probieren zu lassen - inklusive einem selbst gepressten versteht sich. In der Stunde davor haben wir uns noch gemeinsam überlegt, welche Aspekte in die Kaufentscheidung miteinfließen können und die Kinder haben unter anderem folgende Kriterien genannt:

  • guter Geschmack
  • praktische Verpackung
  • lange Haltbarkeit
  • ansprechendes Design
  • günstiger Preis
  • große Menge 
  • keine künstlichen Zusatzstoffe
  • fairer Handel
  • biologischer Anbau
  • keine Kinderarbeit
  • hoher Fruchtanteil
  • Recyclebarkeit 

Die Liste ließe sich noch weiter fortsetzen, aber abgesehen davon wollten wir auch darauf aufmerksam machen, mit welchen Tricks die Werbung arbeitet, wie die Orangenernte tatsächlich vonstatten geht, wie viele Stationen ein Orangensaft auf dem Weg bis zu uns besucht und welche Unterschiede man sogar sehen, riechen und schmecken kann. Im Zuge der empirischen Erprobung hat sich dann außerdem herausgestellt, welche Kinder schon einmal beim Frühstück machen geholfen und welche vermutlich höchstens zugeschaut haben. Entgegen meiner Erwartung hielt sich der Reinigungsaufwand in Grenzen (abgesehen von einer Orangensaftlacke, die auf meinen eigenen Mist gewachsen ist, als ich eine nicht sachgemäß geschlossene Packung vor dem Einschenken noch einmal schütteln wollte). 


Man beachte die Farbuntschiede von Orangensaftgetränk bis selbst gepresst. (Bildquelle: Johannes C. Huber)

In der Unterrichtsstunde haben wir insgesamt vier Säfte verkostet. Die Säfte weisen mitunter einen merkbaren Farbunterschied auf und der Konsens war, dass der frisch gepresste Saft mit Abstand am besten ankommt. Für diesen Beitrag habe ich anschließend noch zwei weitere ergänzt, die beim ersten Einkauf budgetär nicht drin waren und zwar allesamt von Spar (keine Werbeeinschaltung):

  • Spar Sunny Orange (25 % Fruchtanteil und 1,79 € pro Liter)
  • S Budget Orangen Nektar (mind. 50 % Fruchtanteil und 1,33 € pro Liter)
  • Spar 100 % Orange (100 % Fruchtanteil und 2,49 € pro Liter)
  • Spar 100 % Orange Fairtrade (100 % Fruchtanteil und 2,79 € pro Liter)
  • Spar Natur pur Bio-Orange (100 % Fruchtanteil und 2,99 € pro Liter) 
  • selbst gepresst (100 % Fruchtanteil und umgerechnet 3,69 € pro Liter*) 

Insbesondere der preisliche Unterschied schien bei einigen Erstaunen hervorzurufen, doch wer echte Früchte will, muss auch saftige Preise in Kauf nehmen. Die Schätzungen der Klasse lagen recht nahe bei dem Betrag, den wir uns für den selbst gepressten ausgerechnet haben, wobei hier nur der Materialeinsatz und nicht die Arbeitszeit berücksichtigt wurde. Ein paar Kinder haben auch berichtet, dass sie sich schon einmal einen frisch gepressten gekauft haben, der direkt im Supermarkt von einem Automaten gewonnen wird und scheinbar noch teurer ist. Hier dürfte die relativ kleine Füllmenge (vermutlich Viertelliterflaschen) noch einmal zusätzlich den Preis nach oben drücken.

Den meisten Kindern war allerdings nicht klar, dass auch in vermeintlich natürlichen Produkten wie Orangensaft dennoch viele Inhaltsstoffe vorkommen können, die künstlich zugesetzt werden. Glücklicherweise konnte meine Kollegin als Chemikerin hier viele Dinge ergänzen und mit Fehlvorstellungen aufräumen. Stunden wie diese führen zwar womöglich nicht unbedingt zu vielen Hefteinträgen, aber sie bleiben den Lernenden dafür umso länger in Erinnerung und fördern (hoffentlich) die Bereitschaft, Dinge kritisch zu hinterfragen.

Johannes C. Huber (trinkt deshalb seit Tagen nur noch Orangensaft)

* Ich habe zu Hause noch einmal ein 2 kg-Netz Orangen gepresst und daraus ziemlich genau einen Liter Saft erhalten. 

Freitag, 31. Oktober 2025

Der letzte macht das Licht aus.

Thema: Lichtschalter und Parität 

Aus gegebenem Anlass habe ich eine kurze mathematische Gruselgeschichte geschrieben:

An einem ohnehin schon langen Arbeitstag, der wieder einmal in ein paar Überstunden gegipfelt hat, erhebe ich mich von meinen Schreibtisch, um mir einen weiteren Kaffee zu holen und außerdem ein wenig die Beine zu vertreten. Dabei werfe ich einen Blick aus dem Fenster und stelle erfreut fest, dass im Büro gegenüber ebenfalls noch das Licht brennt. Geteiltes Leid ist halbes Leid." denke ich mir und wundere mich dennoch, wer sich außer mir um diese Uhrzeit noch im Gebäude befinden könnte. Also spaziere ich in der Hoffnung auf einen kurzen Plausch zum anderen Ende unseres Stockwerks und öffne neugierig die Tür, doch es ist niemand zu sehen. Bevor ich den Raum enttäuscht und leicht verärgert wieder verlasse, drücke ich einen der drei Schalter nach unten, um das Licht abzudrehen. 


Gesagt, getan. (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Als ich kurz darauf wieder in mein eigenes Büro zurückkehre, um weiterzumachen, bemerke ich, wie das Licht dort auf einmal wieder angeht. Verwirrt mache ich mich noch einmal auf den Weg, nur um erneut festzustellen, dass sich niemand im Raum befindet. Allerdings sind nun alle drei Lichtschalter nach unten gedrückt. Es kann sein, dass ich überarbeitet bin, aber nichtsdestotrotz macht sich ein ungutes Gefühl in mir breit. Ich weiß nicht, woran genau es liegt, aber ich bin mir ziemlich sicher, dass hier etwas nicht mit rechten Dingen zugeht. Vielleicht bin ich auch einfach nur überarbeitet, aber ich beschließe es nicht darauf ankommen zu lassen. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, mir meine Sachen zu holen, verlasse ich fluchtartig das Gebäude..

Was hat unserem Ich-Erzähler einen derartigen Schrecken eingejagt? Unter diesen Umständen können unmöglich alle drei Schalter nach unten gedrückt sein, weil die Ausgangslage bzw. die Anzahl der Schalter diese Konfiguration nicht zulässt. Wenn das Licht eingeschaltet ist, gibt es unter diesen Umständen nur zwei Möglichkeiten: Entweder kein Schalter ist nach unten gedrückt oder genau zwei. Das hängt mit der sogenannten Parität zusammen. In anderen Worten: Ob die Anzahl der Schalter gerade oder ungerade ist. Hierbei handelt es sich im Grunde um nichts anderes als das Rätsel mit den Trinkgefäßen (Gläser, Becher, Tassen, etc.), die am Ende alle in derselben Orientierung (wahlweise mit der Öffnung nach oben oder unten) auf dem Tisch stehen sollen. Dabei müssen in jedem Zug genau zwei Gefäße umgedreht werden. Im Falle der Lichtschalter wird also das Licht einmal aus- und wieder eingeschaltet. 

Johannes C. Huber (kommt spätnachts auf eigenartige Ideen, wenn er das Licht ein- und ausschaltet)

Montag, 1. September 2025

Mathemagische Kartentricks Teil 6

Thema: Kartentricks und Verkettung von Funktionen

Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich mit dem Einsatz mathemagischer Kartentricks im Schulunterricht beschäftigt. Auf meinem Blog stelle ich diese nun in unregelmäßigen Abständen vor.

Wir gehen mit einem Kartenstapel durch das Publikum und lassen mehrere Personen jeweils eine Karte ziehen. Charles P. Geer empfiehlt zwar, den Trick mit einem Deck übergroßer Karten aus dem Fachhandel vorzuführen, aber eines in regulärer Größe genügt vollkommen. Da es 52 Karten beinhaltet, sollten außerdem alle Lernenden in einer Schulklasse problemlos mitmachen können. Sobald alle Teilnehmenden eine Karte gezogen haben, bekommen sie folgende Instruktionen: Der Wert ihrer Karte (Ass entspricht dabei der Zahl 1, Bube 11, Dame 12 und König 13) wird verdoppelt, danach wird drei addiert und das Ergebnis verfünffacht. Zum Schluss wird abhängig von der Farbe der Karte noch eine Zahl addiert. Beispielsweise im Falle von Pik eins, bei Herz zwei, bei Kreuz drei und bei Karo vier. Nun kann jemand aus dem Publikum das eigene Ergebnis verkünden und wir wissen sofort, welche Karte jeweils gezogen wurde. Wir können für jeden Rechenschritt eine Funktion aufstellen, um uns ein besseres Bild davon machen, was passiert:

  • a(k) = 2k (Verdopplung des Rangs)
  • b(k) = k + 3 (Addition der Zahl drei)
  • c(k) = 5k (Verfünffachung des Zwischenergebnisses)
  • d(k) = k + n (Addition der Kennzahl der jeweiligen Spielfarbe)

Wenn wir diese anschließend miteinander verketten, erhalten wir folgenden Term:

(d ○ c ○ b ○ a)(k) = d(c(b(a(k)))) = 5(2k+3)+n = 10k+15+n

Wir müssen also lediglich im Kopf fünfzehn vom Endergebnis abziehen, um herauszufinden, welche Karte es ist. Die Hunderter- und Zehnerstellen verraten uns dabei den Rang und die Einerstelle die Spielfarbe der Karte, wobei diese natürlich davon abhängt, welche der Zahlen von eins bis vier wir welcher Farbe zuordnen. Wir können die Codierung offensichtlicher machen, indem wir den letzten Schritt, d. h. die Subtraktion der Zahl fünfzehn in die Arbeitsanweisungen miteinbeziehen.

Um das Durchschauen des Tricks entweder zu vereinfachen oder zu erschweren, können generell die verschiedenen Parameter der Formel entsprechend verändert oder auch neue hinzugefügt werden. Kien H. Lim merkt an, dass Lernende in der Regel größere Schwierigkeiten mit der Verkettung von Funktionen haben, weshalb stattdessen die Operationen der Arbeitsschritte miteinander kombiniert werden können, um den gewünschten Term zu erhalten. Statt der Variable für die Kennzahl der Spielfarbe kann zwecks Übersicht auch das jeweilige Symbol verwendet werden. Falls die Lernenden mit Computern arbeiten, sollten sie dazu angehalten werden, die Ergebnisse für alle 52 Karten des Decks mithilfe eines Tabellenkalkulationsprogramms durchzuspielen, um das Muster zu erkennen. Im Anschluss können sie sich auch überlegen, welche Parameter problemlos geändert werden könnten und nach Möglichkeit auch Ideen für eigene Tricks umsetzen. In der folgenden Abbildung sind alle 52 Ergebnisse für die oben beschriebene Zuteilung der Kennzahlen aufgelistet:


Die Kennzahlen der vier Spielfarben können auch geändert werden. (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Der ehemalige AHS-Lehrer Dieter Kadan stellt eine einfachere Variante vor, bei der die Spielfarbe  gänzlich irrelevant ist: Wir verdoppeln den Rang der Karte, addieren dann die Zahl zwei, multiplizieren das Ergebnis mit fünf und subtrahieren schließlich die Zahl sieben, was einfach nur dem folgenden Term entspricht: 5(2k + 2) - 9 = 10k + 1. Der Rang der ursprünglichen Karte steht dabei auf der Zehner- sowie gegebenenfalls auch der Hunderterstelle. Nun bitten wir unser Gegenüber, uns das Ergebnis zu nennen, woraufhin wir den Rang der gesuchten Karte nennen und außerdem ein Ass zücken, das wir daneben legen, um das Ergebnis zu veranschaulichen.

Johannes C. Huber (empfiehlt, diesen Trick gleich mit einer ganzen Schulklasse auszuprobieren)

Quellen:
  • Geer C. P. (1992): Exploring patterns, relations, and functions; In: The Arithmetic Teacher, 39:9 (Mai, 1992), 19-21. 
  • Kadan D. (2017): Zauberhafte Mathematik - Mathematische Zaubereien 2. ÖMG, 50, 43–53.
  • Lim K. H. (2019): Using math magic to reinforce algebraic concepts: an exploratory study; In: International Journal of Mathematical Education in Science and Technology, 50:5, 747-765.

Dienstag, 5. August 2025

Mathemagische Kartentricks Teil 5

Thema: Kartentricks und Differenzen

Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich mit dem Einsatz mathemagischer Kartentricks im Schulunterricht beschäftigt. Auf meinem Blog stelle ich diese nun in unregelmäßigen Abständen vor.

Eddie Woo hat in der Pandemiezeit einen Kartentrick vorgestellt, der ein paar Jahre zuvor von James Grime entwickelt wurde. Da er keinen Namen hat, bezeichne ich ihn hier als "Wir haben unsere Differenzen". Wir benötigen dafür im Grunde nur die Karten Ass bis Zehn einer Spielfarbe, wobei das Ass in diesem Fall den Rang eins hat. Zusätzlich dazu verwenden wir noch die Karten von Ass bis Neun der beiden komplementären anderen Spielfarben, um später die namengebenden Differenzen zwischen gegenüberliegenden Karten zu markieren. 

Zunächst legen wir jene Karten beiseite, die für die Markierung der Differenzen gedacht sind und mischen anschließend die zehn Karten. Im nächsten Schritt verteilen wir diese auf eine beliebige Art und Weise auf uns und unser Gegenüber. Wichtig ist dabei nur, dass beide jeweils die Hälfte der Karten bekommen. Falls sie verdeckt ausgeteilt oder gezogen wurden, drehen wir sie nun um und legen sie anschließend in von links nach rechts aufsteigender Reihenfolge vor uns auf. Das hat zu Folge, dass unsere niedrigste Karte gegenüber von der höchsten unseres Gegenübers liegt und umgekehrt. 

Anschließend bilden wir jeweils die absolute Differenz zweier gegenüberliegender Karten und legen dafür die entsprechende Karte der anderen Spielfarbe zwischen die beiden gegenüberliegenden, um diese zu veranschaulichen. Zum Schluss fordern wir unser Gegenüber auf, diese fünf Differenzen zu addieren. Währenddessen offenbaren wir unsere Vorhersage, auf der ebenfalls die Zahl 25 steht. In diesem Fall könnten wir den Vorhersagetrick als Gedankenlesetrick durchführen, indem wir uns die ganze Zeit wegdrehen und unser Gegenüber die Karten auflegen lassen. Zusätzlich dazu können wir das Ganze in beiden Fällen auch als Wette verpacken.

Hier ein Beispiel: Wir verwenden die Karten Ass bis Zehn der Spielfarbe Pik für die Verteilung und Ass bis Neun der Spielfarben Herz und Karo für die Veranschaulichung der Differenzen. Eine mögliche Verteilung der Karten könnte dann wie folgt sein: Auf unserer liegen Ass, Vier, Fünf, Sieben und Neun, während auf der gegenüberliegenden Seite Zwei, Drei, Sechs, Acht und Zehn liegen. Dabei liegt das Ass also gegenüber vom Zehner, der Vierer gegenüber vom Achter und so weiter (siehe Abbildung). Woo arbeitet bei der Erläuterung des Tricks mit einem Lageplan, auf dem er Pfeile für die Reihenfolgen einzeichnet, in der die Karten aufgelegt werden sollen, damit es hier keine Unklarheiten gibt.


Beispiel mit zehn Karten (Bildquelle: Johannes C. Huber)

Es spielt keine Rolle, wie die Karten aufgeteilt werden, denn die Summe der Differenzen D ist in jedem Fall 25. Das liegt daran, dass für jeden Unterschied jeweils einer der fünf niedrigen (Ass bis Fünf) von einem der fünf hohen Ränge (Sechs bis Zehn) abgezogen wird. Um das zu zeigen, arbeiten wir mit der Gaußschen Summenformel und überlegen uns Folgendes: Zuerst berechnen wir die Summe aller zehn Ränge und ziehen dann die Summe der fünf niedrigen ab, um jene der fünf hohen zu erhalten. Anschließend müssen wir erneut die Summe der fünf niedrigen abziehen, um schließlich die gewünschte Summe der Differenzen zu erhalten. Zusammengefasst subtrahieren wir also zweimal die Summe der niedrigeren Ränge von der Gesamtsumme aller Ränge und kommen so auf folgende Formel:

Dabei fällt uns auf, dass es sich stets um eine Quadratzahl handelt, und zwar jene der Anzahl an Karten, die jede Seite bekommt. Für zehn Karten ist die Summe der Differenzen demnach stets (10 : 2)² = 5² = 25. Woo schlägt folgende vereinfachte Notation vor, bei der H für einen der fünf hohen und N für einen der fünf niedrigen Ränge steht, um die Funktionsweise plausibel zu machen: (H - N) + (H - N) + (H - N) + (H - N) + (H - N) = 5H - 5N = (10 + 9 + 8 + 7 + 6) - (5 + 4 + 3 + 2 + 1) = 40 - 15 = 25. Die Lernenden müssen dafür lediglich wissen, wie das Assoziativitätsgesetz funktioniert.

Eine weitere Möglichkeit zur Unterstützung der Lernenden ist der Hinweis, dass die Summe aller Karten gleich 55 ist. Falls man diesen Umstand nicht gleich verraten möchte, können sie zumindest aufgefordert werden, die Summe der Kartenwerte zu bilden, um ein Muster zu erkennen. Dazu können unter anderem folgende Impulsfragen gestellt werden:

  • Wie groß ist der Unterschied zwischen den beiden mittleren Karten höchstens?
    A: Die maximale Differenz zwischen den mittleren Karten ist 8 - 3 = 5.
  • Findest du eine Verteilung, bei der die paarweise Summe gegenüberliegender Karten stets elf ist?
    A: Eine Möglichkeit wäre: 1 + 10, 2 + 9, 3 + 8, 4 + 7 und 5 + 6.
  • Findest du eine Verteilung, bei der keine der paarweisen Differenzen gegenüberliegender Karten gleich ist?
    A: Eine Möglichkeit wäre: 10 - 2, 9 - 3, 8 - 4, 7 - 5 und 6 - 1.
  • Würde der Trick auch mit weniger als zehn Karten funktionieren?
    A: Ja, aber die Anzahl der Karten muss gerade sein. Bei zwei Karten gibt es genau eine Möglichkeit für die Verteilung der Karten (unabhängig davon, welche Seite welche Karte bekommt) und die Differenz ist stets 1. Bei vier Karten ist die Differenz stets 4, bei sechs Karten 9 und bei acht Karten 16. Im Zuge dessen dürfte uns auffallen, dass es sich dabei um die Quadratzahlen handelt.
  • Wären auch mehr als zehn Karten möglich?
    A: Ja, es wären auch zwölf Karten möglich, wenn wir einen Buben und eine Dame mit den Rängen elf und zwölf hinzufügen. Die Summe der Differenzen ergibt dann stets 36. Falls wir auch den König mit Rang dreizehn einen Joker mit Rang null oder vierzehn hinzufügen, wären sogar vierzehn Karten möglich und die Summe der Differenzen stets 49.

Falls wir eine andere feste, aber beliebige Schrittlänge wählen, indem wir sie entsprechend skalieren, überträgt sich diese Veränderung auch auf die Summe der Differenzen. Hier ein Beispiel: Falls der Abstand zwei ist, d. h. statt der Reihenfolge A-2-3-4-5-6-7-8-9-10 könnten wir die Reihenfolge 2-4-6-8-10-D-A-3-5-7 festlegen, wobei wir eine Überschreitung von K = 13 machen müssen, um die Zahlen 14, 16, 18 und 20 auszudrücken. In diesem Fall ist die Summe der Differenzen doppelt so groß, d. h. gleich 50. Eine Verschiebung ist ebenso möglich, insofern die Schrittlänge gleich bleibt, d. h. wir könnten theoretisch auch gewisse Kartenwerte als negative Zahlen verwenden. 

Diese Überlegung lässt sich u. a. auch auf Quartettspiele übertragen. Angenommen wir teilen die 32 Karten eines Trumpf-Spiels aus, wählen dann eine bestimmte Kategorie (z. B. Hubraum in ccm, Länge in m, Leistung in PS, Drehzahl in U/min oder Gewicht in kg bei Traktoren) und legen dann alle Karten in der gleichen Sortierung auf, sodass immer zwei Karten gegenüber sind. In diesem Fall wird die Summe der Differenzen ebenfalls gleich sein (auch wenn sie uns nichts darüber sagt, welche Seite im jeweiligen Fall die besseren Karten hat), weil quasi alle Karten gleichzeitig gespielt werden, sodass die höchste der einen Seite gegen die niedrigste der anderen antritt und umgekehrt immer so weiter.

Johannes C. Huber (erwartet mit dieser Erkenntnis keinen strategischen Vorteil bei Quartettspielen)

Mittwoch, 30. Juli 2025

Mathemagische Kartentricks Teil 4

Thema: Kartentricks und Wortlängen

Im Rahmen meiner Masterarbeit habe ich mich mit dem Einsatz mathemagischer Kartentricks im Schulunterricht beschäftigt. Auf meinem Blog stelle ich diese nun in unregelmäßigen Abständen vor.

Der nachfolgende Trick heißt im Original True or False? bzw. auf Deutsch Wahr oder falsch? auf Deutsch. Wir beginnen damit, dass wir drei Pakete mit jeweils drei Karten auflegen und unser Gegenüber auffordern, sich die unterste Karte von einem davon anzusehen, ohne dass wir mitbekommen, um welche Karte es sich handelt. Danach legen wir die drei Pakete auf einen Stapel zusammen, wobei das Paket mit der zuvor betrachteten Karte ganz oben aufliegt. Nun fragen wir als Erstes nach dem Rang der Karte, d. h. wir möchten wissen, welchen Wert von one bzw. ace bis king die gesuchte Karte hat. Allerdings darf unser Gegenüber entscheiden, ob dabei die Wahrheit oder eine Lüge erzählt wird. Angenommen wir bekommen als Antwort eight. Das Wort hat fünf Buchstaben, also legen wir der Reihe nach fünf Karten von oben ab und geben den restlichen Stapel darüber.

Als nächstes fragen wir nach der Spielfarbe, d. h. wir möchten wissen, ob es sich um eine Karte der Farbe spades, hearts, clubs oder diamonds handelt. Allerdings darf sich unser Gegenüber auch diesmal aussuchen, ob es die Wahrheit erzählt oder nicht. Angenommen wir bekommen als Antwort clubs. Da wir in der englischen Sprache die Karte als eight of clubs aussprechen, legen wir zuerst zwei Karten ab und legen den restlichen Stapel darüber, ehe wir das erneut mit fünf Karten machen, weil die Wörter of und clubs aus zwei bzw. fünf Buchstaben bestehen. Zum Schluss möchten wir noch wissen, ob unser Gegenüber stets bei der Wahrheit geblieben ist oder auch gelogen hat, d. h. die Antwort kann entweder true oder false lauten. Angenommen wir bekommen als Antwort, dass stets die Wahrheit gesagt wurde. In diesem Fall buchstabieren wir das englische Wort truth und legen insgesamt fünf Karten ab, von denen die letzte die gesuchte ist.

Die Funktionsweise dieses Tricks basiert auf der Anzahl der Buchstaben und der jeweiligen Position der gesuchten Karte. Das erste Wort hat auf jeden Fall mindestens drei Buchstaben, wodurch sich diese nach dem Ablegen gewissermaßen einfach nur umdreht, d. h. die gesuchte Karte befindet sich danach nicht mehr an der dritten Position von oben, sondern an der dritten Position von unten. Durch das nächste Wort mit zwei Buchstaben, wandert die Karte garantiert in die Mitte des Stapels. Das dritte Wort hat auf jeden Fall mindestens fünf Buchstaben, weshalb sich die Position der Karte danach nicht mehr ändert und aufgrund der Tatsache, dass das vierte Wort in beiden Fällen abermals fünf Buchstaben hat, decken wir mit Sicherheit die Karte in der Mitte des Stapels auf. Bei einer Variante des Youtubers Michael D. Stevens, welcher unter anderem als Betreiber des Kanals VSauce bekannt ist, wird stattdessen einfach immer das Wort magic buchstabiert.


Positionen der gesuchten Karte in der englischsprachigen Variante (Bildquelle: Johannes C. Huber) 

Ich habe mir auch eine deutschsprachige Variante überlegt, bei der wir zuerst nach der Spielfarbe (Pik, Herz, Kreuz/Treff oder Karo) fragen. Als Nächstes fragen wir jedoch noch nicht danach, welchen Rang die Karte hat, sondern zuerst, ob eine Zahl oder ein Bild darauf zu sehen ist. Unabhängig von der Antwort buchstabieren wir den Namen der genannten Teilmenge an Karten, d. h. entweder das Wort Zahlen oder Bilder. Da beide Wörter sechs Buchstaben haben, legen wir auf jeden Fall sechs Karten ab, wodurch die gesuchte Karte ganz oben aufliegt. Nun können wir auch noch nach dem Rang der Karte fragen*. Zum Schluss stellen wir die Ehrlichkeit unseres Gegenübers infrage: "Wie oft hast du die Wahrheit gesagt: Immer, teilweise oder nie? Du darfst allerdings auch hier wieder lügen, wenn du möchtest." Anschließend buchstabieren wir, je nach Antwort entweder jedes Mal, manchmal oder gar nicht, sodass am Ende auf jeden Fall die gesuchte Karte in unserer Hand verbleibt.


Positionen der gesuchten Karte in der deutschsprachigen Variante (Bildquelle: Johannes C. Huber) 

Johannes C. Huber (ist gespannt darauf, wie die deutschsprachige Variante in der Praxis ankommt)

* Da wir im Endeffekt nur eine Karte bewegen müssen, funktioniert der Trick sogar mit der alten Schreibweise As anstatt Ass. Es spielt außerdem keine Rolle, ob wir Bub, Bube oder Junge sagen.